Kämmer & Reinhardt Puppen – Geschichte, Modelle & Sammlerwert
Die Firma Kämmer & Reinhardt, gegründet 1885 in Waltershausen, Thüringen, zählt zu den bedeutendsten deutschen Puppenherstellern des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Durch ihre innovativen Charakterpuppen prägte sie nachhaltig die Puppenindustrie und setzte neue Maßstäbe in Design und Fertigung.
Gründung und frühe Jahre
Waltershausen war zur Zeit der Firmengründung ein Zentrum der deutschen Puppenherstellung. Franz Reinhardt, ein Kaufmann, und Ernst Kämmer, ein Modelleur und Künstler, schlossen sich 1885 zusammen, um gemeinsam Puppen zu produzieren. Während Kämmer für die künstlerische Gestaltung verantwortlich war, kümmerte sich Reinhardt um die kaufmännischen Belange. Die ersten Jahre waren von bescheidenem Erfolg geprägt, doch die Übernahme der Firma Heinrich Handwerck im Jahr 1902 brachte den Durchbruch.
Zusammenarbeit mit Simon & Halbig
Ein entscheidender Schritt in der Firmengeschichte war die Kooperation mit der Porzellanfabrik Simon & Halbig aus Gräfenhain. Kämmer & Reinhardt entwarfen die Modelle für ihre Puppenköpfe, die dann von Simon & Halbig aus Biskuitporzellan gefertigt wurden. Die Endmontage erfolgte wiederum bei Kämmer & Reinhardt. Diese Zusammenarbeit führte zu hochwertigen Puppen, die das doppelte Signum beider Firmen trugen: die Buchstaben K&R mit einem sechszackigen Stern sowie die Initialen von Simon & Halbig.
Charakterpuppen: Ein neues Zeitalter
Kämmer & Reinhardt sind insbesondere für ihre Charakterpuppen bekannt, die ab 1909 produziert wurden. Diese Puppen zeichneten sich durch realistische und individuelle Gesichtszüge aus, die das kindliche Wesen authentisch widerspiegelten. Der Berliner Bildhauer Arthur Lewin-Funcke war maßgeblich an der Gestaltung dieser Modelle beteiligt und schuf unter anderem die Vorlagen für die Modelle K&R 100, 101, 103 und 105. Diese Puppen wurden auch als Künstlerpuppen bezeichnet und waren ein großer Erfolg auf dem Markt.
Innovationen und Patente
Die Firma war stets bemüht, ihre Produkte weiterzuentwickeln und ließ sich zahlreiche Patente sichern. Dazu gehörten 1908 die sogenannten Schelmenaugen, 1909 der Begriff Charakterpuppe, 1916 die "Unart", die ein Schließen der Klappaugen beim Hinlegen der Puppe verhinderte, 1920 modifizierte Kugelgelenkkörper und 1930 das Universalgelenk Nollipolli. Diese Innovationen trugen dazu bei, die Puppen lebensechter und funktionaler zu gestalten.
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Materialvielfalt: Von Biskuitporzellan zu Zelluloid
Mit der Erfindung des Zelluloids begann Kämmer & Reinhardt, neben den traditionellen Biskuitporzellan-Puppen auch Modelle aus diesem neuen Material herzustellen. Die Rohlinge bezog man von der Rheinischen Gummi- und Celluloidwarenfabrik, der späteren Firma Schildkröt. Diese Zelluloidpuppen waren leichter und weniger zerbrechlich, was sie besonders für Kinder attraktiv machte. Auch diese Puppen trugen ein doppeltes Signum: die Buchstaben K&R sowie das Schildkröten-Logo von Schildkröt.
Modellnummern und Namensgebung
Kämmer & Reinhardt verwendeten ein dreistelliges Nummernsystem zur Kennzeichnung ihrer Puppen. Die erste Ziffer gab dabei Aufschluss über das Material oder die Art des Kopfes. So besaßen beispielsweise die 100er-Modelle in der Regel Biskuitkurbelköpfe, während die 200er-Modelle Biskuit- oder Zelluloidbrustköpfe hatten. Ab 1902 erhielten die Puppen neben der Modellnummer auch Namen. Das erste benannte Modell war K&R 117, bekannt als "Mein Liebling", das international erfolgreich war und in den USA als "My Darling" oder "My Rose Darling" verkauft wurde.
Späte Jahre und Produktionsende
Ernst Kämmer verstarb bereits 1901, Franz Reinhardt folgte 1933. Ab 1916 gehörte die Firma mehrheitlich den Bing-Werken aus Nürnberg. Trotz der Herausforderungen durch die Weltkriege und wirtschaftliche Veränderungen konnte Kämmer & Reinhardt die Produktion bis 1958 fortsetzen. Danach wurde das Unternehmen in den VEB Puppenfabrik Waltershausen integriert, und die eigenständige Produktion endete.
Vermächtnis und Sammlerwert
Heute sind Puppen von Kämmer & Reinhardt begehrte Sammlerstücke und erzielen auf Auktionen hohe Preise. Museen wie das Deutsche Spielzeugmuseum in Sonneberg präsentieren diese historischen Puppen und würdigen damit das Erbe des Unternehmens. Die Charakterpuppen von Kämmer & Reinhardt gelten als Meilensteine in der Geschichte des Spielzeugs und zeugen von der hohen Kunstfertigkeit und Innovationskraft deutscher Puppenhersteller.
Die Geschichte von Kämmer & Reinhardt ist ein beeindruckendes Beispiel für kreatives Unternehmertum und den Einfluss von Kunst auf die Industrie. Ihre Puppen haben Generationen von Kindern erfreut und bleiben ein bedeutender Teil des kulturellen Erbes.
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